Himalayan Heartbeat

Es ist 16:25 Uhr. Der beißende Geruch von brennenden Müllhaufen frisst sich durch meine Nase direkt in mein Gehirn. Ein verwahrloster Köter frisst menschliche Fäkalien am Straßenrand. Der Smog in der Luft löst Hustenanfälle aus. Riesige Werbetafeln für Coca Cola, Samsung & Schönheitsoperationen verhindern die Sicht auf die umliegenden Berge. Menschen werden beim Versuch die überfüllte Straße zu queren, bei nahe um ihr Leben gebracht. Kathmandu - du hast uns zurück.

 

Nach 10 Stunden Rückfahrt und 34 Tagen im Herzen des Himalajas bricht das Großstadtleben wieder über uns hinein. Nachdem wir in Namche Bazar noch jeden so unnützen Gramm aus unserem Rucksack verbannen, darf beim feinen Herrn Vater ein was nicht fehlen. Richtig. Die elektrische Zahnbürste. Die wer schleppen muss? Wieder richtig. Natürlich ich. Und wäre das nicht schon genug, lädt er sie am Abend zuvor noch in einem Irish Pub an der Bar. (jede einzelne Aufladung im Hostel muss bezahlt werden) Unglaublich! Anschließend verlassen wir das Amphitheater gleichende Dorf mit seinem unverwechselbaren Charme & kräftezerrende 600 Höhenmeter Aufstieg folgen. Vorbei an Wanderern, die vollausgestattet in ihrer Funktionskleidung aussehen, als stünden sie im Begriff, ein Atomkraftwerk zu betreten, während Träger in Crocs, ihre Unmengen an Gepäckstücken hinterher buckeln. Einige Touristen mühen sich regelrecht, um mit mehreren Kameras im Anschlag ja jeden keinen Schritt für die Nachwelt undokumentiert zu lassen. Vom Plateau, auf dem das buddhistische Kloster Tengboche in idyllischer Lage vor sich hin weilt, bot sich uns ein fantastischer Blick auf die Himalaja Range. Dabei verfolgt uns das Kaiserwetter unaufhörlich. In dem ganzen Monat fällt kein einziger Tropfen vom Himmel & der wird in den seltensten Fällen von Wolken bedeckt, so dass wir gefühlt immer eine grandiose Sicht auf die angrenzenden Bergketten haben. Gebannt blicken wir in den Horizont gen Everest. Als wir unser Tagesziel in Pangboche erreichen, glänzt der wunderschöne Ama Dablam im Abendlicht der Sonne. Die Majestät dieses Berges wurde ums beim Besuch dessen Basecamp's erst richtig bewusst. Viele Expeditionsteams haben sich hier bereits Zeltlager eingerichtet, mit dem Ziel den 6814 Meter hohen, pyramidenförmigen Gipfel zu erklimmen. Mit jedem Meter weiter in die Höhe, werden die Tage kälter & die Nächte kürzer. Kaum ist die Sonne verschwunden, ist es eine halbe Qual sich an der frischen Luft zu bewegen. So verbringt man die Zeit am liebsten im Schlafsack oder am Ofen der meist gemütlichen Aufenthaltsräume. Selbst die Wasserhähne sind am Morgen zugefroren und läuft das kühle Nass mal, dann zieht sich jedes Körperteil auf Rosinengröße zusammen. Mit jedem erlaufenen Kilometer steigert sich nicht nur die Anstrengung, sondern auch der Preis aller Lebensmittel. Dal Bhat Schiss - 24 Hour lässt grüßen. Trotz dessen fühlen wir uns angesichts des immer näher rückenden Ziels, zunehmend berauscht. Von den Kuppen der auf- und absteigenden Geröllfelder sehen wir immer wieder die mächtigen Berge, derentwegen wir uns auf den Weg gemacht haben. Einsam bewegen wir uns zwischen den Eisflanken des Lhotse und dem Khumbu Gletscher Richtung Mount Everest Basecamp. Vor lauter Freude renne ich die letzten Meter förmlich zu den im Wind wehenden Gebetsfahnen die diesen magischen Ort markieren. Der Gefühlzustand unser Bestreben wahr gemacht zu haben, nach dem strapaziösen & ermüdenden Fußmarsch, ist kaum in Worte zu fassen. Wir sind umzingelt von den Giganten eines unglaublichen Gebirges und das völlig allein. So greifbar nah, dass man sich selbst plötzlich unendlich klein vorkommt, in diesem imposanten Panorama. "Heaven is myth, nepal is real"

Natürlich gibt es Menschen, die meinen, sie könnten die Natur bezwingen. So gilt die Besteigung des Mount Everest heutzutage fast als reine Selbstdarstellung. Mehr um das Abhaken einer "Bucketlist". Einfach um sagen zu können, man war oben. Doch was man wirklich lernen sollte, ist Demut. Die zunehmende Kommerzialisierung zerstört die ursprüngliche Magie des Bergsteigens & dieser einzigartigen Region. Jeder, der das Geld für die Besteigung aufbringen kann, kann es auch ohne weiteres nach oben schaffen. Selbstverständlich ist es eine unglaubliche körperliche Belastung, aber einen Großteil der Arbeit verrichten die Sherpas. Bei allen Mount Everest Expeditionen sind Sie die eigentlichen Vorbereiter, die viele Gefahren eingehen müssen, um den reichen Touristen den Weg so sicher wie möglich zu bereiten. So findet man beim genaueren hinsehen in vielen Lodges Bilder & Urkunden über diverse Besteigungen der Eigentümer selbst. Geradezu ehrfürchtig blickt man drein, wenn ein 12facher Everest Besteiger vor einen tritt.

 

Um wiedermal ordentlich zu schlafen, sich verdientermaßen zu duschen und eine gute Portion Sauerstoff einzuatmen, steigen wir zurück auf 3500 Meter ab & genehmigen uns einen Pausentag. Nach kurzem Aufstieg schlängelt sich der Weg Stein um Stein nach oben. Der erste See beeindruckt vor eingepuderten Gipfeln in leuchtendem Blau. Der darauffolgende steht ihm nichts nach. Die erhabenen Schneespitzen behüten selbigen. Die Sonne setzt die Farbenpracht des himmelblauen Gewässers perfekt in Szene. Am liebsten würde ich reinspringen. Dahinter bilden nicht mal 20 Häuser das beschauliche Gokyo. Ein Landschaftsbild, das seines gleichen sucht. Abends können wir noch die vom Mondlicht erleuchteten Berge betrachten, die in ihrer konturenhaften Zeichnung noch eindrücklicher wirken. Meine Motivation am nächsten Morgen den 5357 Meter hohen Gokjo Ri zu besteigen ist ungehalten. Mit jedem Schritt schnappe ich nach Luft, trotz dass uns nur 2 Stunden von der Bergspitze trennen, ein hartes Stück Arbeit. Oben angekommen ist es leicht, sich vorzustellen, warum die umliegenden Berge als Wohnsitz der Götter gelten. Der Everest heißt bei den Nepali Sagarmantha – „Stirn des Himmels“ – die Tibeter nennen ihn Chomolungma– „Mutter des Universums". Bei dem 360 Grad Bergpanorama fällt es dagegen schwer passende Adjektive für diese Naturschönheit zu finden. Nun sind wir schon so hoch gestiegen und noch immer blicken wir auf Kolosse, die wie Wände vor uns stehen. Gigantisch! Ein Traum und wahrscheinlich die schönste Aussicht der Welt. Neben dem 20km langen Ngozumba Gletscher thronen der Lhotse, der Nuptse und die Hoheit des Mount Everest vor unseren Augen. Durch Schnee stapfen wir zu unserem letzten Hindernis & Höhepunkt unserer Tour: dem 5356 Meter hohen gelegenen Renjo La Pass. Es hat schon Expeditionscharakter, den mühsamen Weg mit komplettem Gepäck entlang zu gehen. Die Erleichterung steht uns förmlich ins Gesicht geschrieben als wir die bunten Gebetsfahnen erreichen. Endlich gönnen wir uns die guten K- Classic Kauflandchips die ich seit mehr als einem Monat mit mir rumschleppe. Ein Hochgenuss! Der Blick überzeugt auch auf ganzer Linie und bietet Ausblicke der überragendsten Art.

 

Den Rückweg treten wir über Lukla an, wo sich einer der gefährlichsten Flughäfen dieser Welt befindet. Die Hangneigung der nur knapp 500m langen Landebahn beträgt rund 12 % & das Ende der Startbahn bricht abrupt etwa 600m tief in ein Tal hinab. Nur wenige Meter trennen die Flügel von den Felswänden bei jedem Lande- und Startvorgang. Wenn man die kurze und abschüssige Piste in diesem Talkessel sieht, wird einem schon ein wenig mulmig & ich bin froh dass uns unser Weg an ihr vorbei, nach Phaplu führt. Kaum verlassen wir das vom Massentourismus geprägte Dorf, wird man wieder freundlich gegrüßt und mit voller Herzlichkeit von Familien empfangen. Auch wenn die letzten Tage nochmal ordentlich an unserer Physis zerren, lohnt es sich nochmals in den leeren, fast vergessen, aber dennoch wunderschönen Gästehäusern zu schlafen. Das mittlerweile eine neue Straße noch näher an das Everestgebiet errichtet wird, trübt das Bild dieser herrlichen Gegend. Es ist sowohl Fluch als auch Segen für die Einheimischen Bewohner. Sie erleichtert zwar den Alltag, etwa weil Arztbesuche und Einkäufe schneller zu erledigen sind. Trägern wird unglaublich viel Schufterei abgenommen, aber es birgt auch die Gefahr, dass die Tourismusbranche noch weiter abbricht & selbst Individuelle Wanderer diesen Weg meiden werden…

 

Der Himalayan Epic Trail ist gefallen. Die schlaflosen Nächte in menschenfeindlichen Höhen, die schweren Rucksäcke, der Verzicht auf Luxusgüter und die extreme Kälte haben uns in dieser Zeit alles abverlangt. 34 Tage. 20.000 Hm auf- und 18.000 Hm abwärts. Bei einer Gesamtlaufstrecke von etwa 500-600 Kilometern.

Nach 10 Stunden Staubfressen in einem kleinen Jeep, über Schlaglöcher und durch Flüsse hindurch, stürzt die Stadt wieder auf uns ein. Bunte Häuser im grauen Smog. Es stinkt, es ist laut, es ist dreckig und dennoch anziehend! KATHMANDU - Wir sind zurück.

Wildwasser in Nepal 2017

Unsere Raftingtour auf dem Trishuli River war der Wahnsinn. Wildwasser 4 Plus und ne Menge Wasserwucht dazu. LKW große Wellen sind nicht übertrieben. Bloß gut dass wir unsere Packrafts in KTM gelassen haben. Keine Chance mit den kleinen Booten. Die Campsites waren immer direkt am Fluss und kaum zu glauben für uns, Insektenfrei. In Amazonien sind wir das anderes gewöhnt. Am vierten Tag sind wir erst mit dem Marktweiberpickup und dann mit einem der bunten LKW im Führerhaus zum Canyoning getrampt.

Dort angekommen dauerte die Sicherheitseinweisung drei Minuten und los ging es mit dem ersten 25 Meter Wasserfall. Genau wie beim Einbinden keiner kontrolliert, hat es auch keine Zweite Sicherung gegeben. Unglaublich waren die langen fast senkrechten 12 Meter Rutschen. Zurück nach KTM hat uns dann ein reicher Hindumann mit seinem Minitaxi mitgenommen. Nicht gr0ßer als ein Polski Fiat zwischen all den durchgeknallten Busfahrern und andern wilden Gefährten der Nepalesischen Todespiste hatten wir oft bedenken, dass unser Auto einfach in den Schlaglöschern verschwindet Der letzte Anstieg im dunkeln und dann noch eine Stunde durch die Stadt. Geschafft! Am Ende haben wir auch das überlebt und sind glücklich und zurfrieden mit unseren neuen Abenteuern und Eindrücken im Nordfakeviertel Thamel angekommen. Duschen, Bier Pause… Grüße von Torte und Frido

 

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