09.01.04 - 15.01.04 merida venezuela

Die höchste und längste Seilbahn der Welt ist natürlich außer Beitrieb. Die Wartungsarbeiten dieses venezuelanischen Prestig objektes nehmen jedes Jahr einige Monate in Anspruch. Die Talstation liegt auf 1600 m in Merida. Die Endstation, auf dem Gipfel des Piko Espejo, ist auf sagenhaften 4765m über NN. Ilka sollte es trotzdem schaffen, dass sich der gesamte Apparat am 15.1.04 in Bewegung setzt und eine Gondel von der dritten Station talwärts schwebt. Folgendes war passiert:



Am fünften Tag unserer Wanderung sind wir morgens um 8:00 Uhr bei herrlichstem Wetter aus unserem Zelt gekrochen. Wir haben auf 4500 m Höhe direkt unterhalb des Pico Bolivar geschlafen. Er ist mit 5007 m die höchste Erhebung Venezuelas. Die Täler unter uns sind wolkenverhangen. Wie Zuckerwatte, zum greifen nah, türmen sich die Wolkenberge auf. Es ist windstill und kalt. Auf unserem Zelt hat sich eine Eisschicht gebildet. Unser Kocher blubbert trotz der Höhe gemütlich vor sich hin. Der Morgentee weckt unsere Lebensgeister. Schließlich wollen wir heute über eine steile Flanke zum Gipfel des Pico Espejo aufsteigen, um je nach körperlicher Verfassung morgen vielleicht einen Gipfelversuch am Pico Bolivar zu wagen. Die ersten 3 Stunden machen vor allem mir sehr deutlich, dass es sich hier um keinen Wanderweg handelt. Mit dem 20 Kilo Rucksack auf dem Rücken gibt es einige sehr kritische Passagen zu meistern. Stellenweise ist es wirkliche Kletterei, wie Klettersteig ohne Sicherung und Gurt. Besonders ausgesetzte Stellen mit einem Blick ins Bodenlose machen mir schwer zu schaffen. Ilka ist da nicht so zurückhaltend. Ihr scheint die Höhe nichts auszumachen. Sie klettert vorneweg und sucht nach dem besten Weg. Manchmal hab ich wirklich Angst um sie. Glücklicher weise hält heute das Wetter. Mehrfach müssen wir extrem steile Schuttrutschen queren, manche sind fast 500 Meter lang. Der Frost der letzten Nacht hält das lose Gestein noch zusammen. Gegen Mittag erreichen wir den Gipfel des Pico Espejo. Mir ist hundeelend. Meine Beine zittern, das Herz schlägt rasend schnell irgendwo zwischen Brust und Kopf. Zum genießen des ersten Gipfelerfolges fehlt mir im Moment der Verstand. Ich will nur noch absteigen, runter auf 4000m, mich erholen und schlafen und dann weitersehen.


Die Abstiegsroute gestaltet sich vergleichsweise einfach. Schnell sind wir auf 4200 m. Mir geht es merklich besser. Als wir eine Pause einlegen, begegnet uns eine merkwürdige Reisegruppe. Zuerst treffen wir auf einen Franzosen und einen Holländer. Die beiden bekommen große Augen, als wir ihnen erzählen, welche Wegstrecke noch vor ihnen liegt. Sie wollen heute noch zum Basiscamp des P. Bolivar, dabei ist es schon 14:30 Uhr. Sechs bis sieben Stunden Gehzeit liegen noch vor ihnen. Ihr Guide wird schon wissen, was er macht oder auch nicht! Wir treffen ihn weiter unten in Begleitung einer Deutschen. Sie zeigt eindeutig Symptome fehlender Akklimatisation. Wie in Zeitlupe bewegt sie sich, taumelt von einem Bein auf das andere, ihr Bewusstsein ist stark eingeschränkt, sie hat Tränenausbrüche und klagt über heftige Kopfschmerzen während sie nach Luft ringt. Der Guide verabreicht ihr eine Aspirin und will sie nach 5 Minuten zum weitergehen überreden. Sie ist ein Häufchen Elend


Wir finden das ganze ziemlich merkwürdig, eher gefährlich, und bieten ihr an, mit uns gemeinsam abzusteigen. Das Aspirin überdeckt zwar für ne Weile die Kopfschmerzen aber gegen die Höhenprobleme hilft sie rein gar nichts. Das Einzige, was hilft, ist tiefer zu gehen. Zum Glück nimmt sie unser Angebot an. Am Boden zerstört sitzt sie zitternd vor unserem Zelt. Um sie aufzuwärmen entzünden wir ein kleines Feuer. Es ist immer schwer aufzugeben, vor allem, wenn man Geld für eine Sache bezahlt hat. Während wir tag für tag langsam höher gestiegen sind, wird die Besteigung eines Fünftausenders hier in drei tagen angeboten (einen Tag hoch auf 4500 m, einen Tag Gipfel und einen Tag wieder runter auf 1600 m). Akklimatisation ist dabei ein Fremdwort. Hauptsache, die Kasse klingelt. So schickt man völlig unerfahrene Leute mit Jeanshose und Turnschuhen in 5000 m Höhe auf Klettertour. Tina z. B. war vorher lediglich 8 Wochen in der Karibik am Strand.


Tina hat in der Nacht kaum geschlafen. Ihre Kopfschmerzen sind immer noch nicht besser. In den Händen und Füssen hat sie das bekannte Ameisenlaufen. Erster Anlaufpunkt für heute morgen ist die nächste Seilbahnstation auf 4000 m. Selbst bergab kommt sie nur sehr langsam voran und atmet wie bei einem Tausendmeterlauf. In der Seilbahnstation sind erstaunlicherweise einige Arbeiter am werkeln. Ilka managt die Situation mit Ruhe und Gelassenheit, macht den Leuten klar, dass es sich hier um einen Notfall handelt. Tina muss umgehend runter gebracht werden. Die Leute sind verständnisvoll und reagieren schnell. Über Funk werden alle Stationen informiert. 13:30 Uhr setzt sich die höchste und längste Seilbahn der Welt in Bewegung.


Unsere Wahnsinnsaktion an diesem Tag ist der Abstieg von 4200 auf 1700 Meter. Die letzten 300 Höhenmeter läuft Ilka fast nur rückwärts. Ihre Beine zittern und die Hände sind immer noch ziemlich dick geschwollen. Merida erreichen wir 20:00 Uhr mit dem Bus und sind total erschöpft. Es reicht gerade noch für ein "Triumph-Bier", dann fallen wir ohne Essen ins Bett.


Die Wanderung in Zahlen:
1. Tag: Mucuy 2200 m - Laguna Coromoto 3200 m
2. Tag: Laguna coromoto 3200 m - Laguna verde 4000 m
3. Tag: Laguna verde 4000 m - Laguna Suero 4200 m
4. Tag: L. Suero 4200 m - Hochlager 4500m
5. Tag: Hochlager 4500 m - Pico Espejo 4765 m - Abstieg bis 4200 m
6. Tag: Abstieg auf 1700 m - Merida


Die Runde ist nicht nur wegen der zu Beginn ziemlich langen anstrengenden Tagesetappen und der großen Höhe sehr anspruchsvoll. Das beste Kartenmaterial war eine uralte Blaupause mit vielen verwirrenden Höhenlinien. Spätestens ab dem zweiten Tag ist der Weg auch kein Wanderweg mehr, sondern eine Mischung aus ausgetrockneten Regenrinnen und Kletterstiegen, markiert mit kleinen Steinpyramiden. Man muss ab und an schon mal suchen, aber wenn man die Augen offen hält und sich am Gelände orientiert, kann man den Weg nie wirklich verlieren. Zumal die "Kletterei" eine willkommene Abwechslung bietet.


Der Ranger am Parkeingang wollte uns einreden, dass Ausländer den Weg nur mit venezuelanischem Führer gehen dürften und könnten. Ilkas Überredungskunst, Bitten, Augenaufschläge und ein Stempel in ihrem Reisepass von 1997 haben ihn dann schließlich davon überzeugen können, dass Ilka den Weg 1997 schon mal gegangen ist und ihn noch kennt. Eine kleine Notlüge, aber funktioniert! So konnten wir langsam aufsteigen und eine einmalige Berglandschaft mit wilden Bächen, klaren Seen, in leuchtenden Farben blühende Bergwiesen umschwirrt von Kolibris, blauweiß schimmernde Gletscher, Kondore und eiskalte, sternenklare Vollmondnächte in fast völliger Einsamkeit genießen

 

17.01.04 - 22.01.04

 

Zwei Tage Erholung in Merida tun wirklich Not! Vor allem die Schmerzen in den Waden lassen nur langsam nach. Ordnungsgemäß melden wir uns bei der Nationalparkbehörde wieder an. Zu interessieren scheint das allerdings niemanden so richtig. Hoffentlich ist man im Yanomamiland genauso leger mit den Vorschriften. Unseren letzten Abend in Merida verbringen wir mit Tina in einer teuren Pizzeria. Wir schwatzen über Gott und die Welt. Ein wirklich schöner Abend geht spät zu Ende. Wir sind ziemlich angetrunken und fahren lieber mit dem Taxi zurück in unsere Unterkunft.


Am nächsten Morgen packen wir unsere Sachen zusammen. Über Barinas, San Fernando de Apure erreichen wir nach 34 Stunden Puerto Ajachucho. Von den 34 Stunden sitzen wir 20 im Bus ab. Die restliche zeit dösen wir auf verschiedenen Busbahnhöfen herum. Nicht gerade angenehm bei der enormen Hitze hier. Schade, dass wir uns keinen Abstecher in die Los Lljanos leisten können. Der Aufenthalt auf einer der riesigen Haciendas kostet am Tag pro Person 120 Dollar! Einfach irre!!


Na ja halb so schlimm. Selbst vom ganz normalen Linienbus aus, haben wir schon Brillenkaimane gesehen. In der Trockenzeit liegen die hier des Öfteren unmittelbar an der Strasse in kleinen Tümpeln herum.


Kurz vor Puerto Ajachucho überqueren wir den Rio Orinoco. Eigentlich ein Fluss wie viele andere auch. Trotzdem beschleicht uns irgendwie ein seltsames Gefühl. Es ist schön hier sein zu können. Gemütlich knattert unser Bus voran. Vollgestopft mit irgendwelchen Sachen hat der Fahrer kaum Platz zum lenken. Jedenfalls sind die Strassen im Vergleich zu Bolivien in einem sehr guten Zustand. Sogar eine dünne Asphaltdecke ist vorhanden. Puerto Ajachucho ist die südlichste Stadt die man am Oberlauf des Orinoco mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann. Am Terminal de Busses empfängt uns eine Hitzewelle in der wir kaum atmen können. Die heiße Luft ist am besten mit einer Sauna zu vergleichen. Nach einigem Hin und Her kommen wir im "Resisdencial International" unter. Ein großer Name wenn man bedenkt, dass wir in der 90000 Einwohner zählenden Stadt, mit drei anderen Touristen, die einzigen Ausländer sind.


Die nächsten zwei Tage sind die blanke Ernüchterung. Eine Tour den Orinoco hinauf zum Casiquare und zum Rio Negro an die brasilianische Grenze ist allein nicht möglich. Die einzige Chance die es gibt ist 1500 Dollar pro Person wert! Man könnte sich also führen lassen. Allerdings ist das nicht unsere Art zu reisen. Auch die geforderte horrende Summe von 1500 Dollar ist utopisch. Wir haben 1000 Dollar für drei Monate!! Im Resisdencial treffen wir Peter. Ein Aussteiger auf Zeit. Seit sieben Jahren verbringt er fünf Monate jährlich hier in Puerto Ajachucho. Von ihm erhalten wir eine Menge an Informationen über Touren in den Urwald. So zum Beispiel wollen alle mitverdienen: die Armee in Form der Nationalparkbehörde, die Tourismusbehörde und andere.


Desillusioniert beschließen wir den Nachtbus in den Norden nach Maracai zu nehmen. Beim packen dann das Wunder! Ein italienisches Pärchen steht verdreckt, zerstochen aber freudestrahlend vor uns. In einer Stunde erzählt er uns pausenlos von ihren Erlebnissen der letzten 28 Tage. Die Beiden und wir natürlich auch sind überglücklich. Es geht also doch! Einfach losfahren ist die Devise. Stück für Stück immer tiefer in den Urwald. Das einzige was man braucht ist Zeit und davon haben wir ne Menge. Trotzdem fahren wir heute Abend nach Maracay. Wir wollen in den NP Henry Pettier. Außerdem treffen wir uns am 04.02.04 in Santa Elena mit zwei Freunden aus Leipzig. Aber am 11.02. oder 12.02. sind wir wieder in Purto Ajachucho. Das ist sicher!!!

22.01.04 - 26.01.04 Nationalpark Henry Pettier

 

Im Hotel Vicente, mitten in der Millionenstadt Maracay, deponieren wir unser Gepäck. Die warmen Sachen für die Berge werden wir auf unserer Wanderung im NP Henry Pettier nicht brauchen. Der relativ kleine Park wird im Süden von der Küstenkordillere begrenzt. Abgeholzte Hänge ziehen sich bis auf 2400 Meter. Nach dem Kamm gibt es richtigen Bergurwald bis hinunter fast zur Karibikküste im Norden. 580 verschiedene Vogelarten sollen hier beheimatet sein, auch Affen, Pumas, Ameisenbären, Tapire und Gürteltiere. Mal sehen, was wir sehen! Früher haben unzählige Fußpfade die Ortschaften am Meer mit dem Hinterland verbunden. Seit zwei Straßen den Park von Nord nach Süd durchschneiden, sind die meisten in Vergessenheit geraten. Chuao, unseren Zielort an der Küste erreicht man auch heute nur übers Meer oder zu Fuß über die Berge. Am Parkeingang in Pedregal das bekannte Theater: Ohne Guide soll nix gehen. Alleine wäre es viel zu gefährlich, erklärt man uns. Diesmal darf Torsten die Rolle des Guide übernehmen. Als die Papiere für den Ranger in Ordnung sind, laufen wir los. 1200 Höhenmeter liegen vor uns und das bei sengender Sonne. Wir folgen einer alten Jeepstrecke. Die Berge rundherum sind alle kahl und vertrocknet. Gegen 16:00 Uhr erreichen wir eine Blechhütte. Die wird hier als Essstation Ecologico bezeichnet. Was sie hier bloß erforschen und beobachten wollen so ganz ohne Wald? Dennoch ist es hier oben auf 1630 m angenehm. Keine Menschenseele! Bloß der Wind pfeift uns mächtig um die Ohren. 18:00 Uhr wird es schon dunkel.


Zeitig verkriechen wir uns in unsere Schlafsäcke. 20:00 Uhr wird es prickelnd! Trotz des Windes sind draußen Schritte zu hören. Außerdem hat uns einer Buenos Noches gewünscht. Was macht hier nachts jemand der keine bösen Absichten hat? Hier hilft nur eins: Taschenlampe an und raus aus dem Zelt und fragen ob man helfen kann. Im Schein der Taschenlampe steht ein hagerer Mann. Er behauptet Lehrer zu sein und würde auf seinem Weg über die Berge immer hier in der Blechhütte schlafen. Ausgerechnet heute klemmt das Schloss! Mit seiner Telefonkarte können wir dennoch gemeinsam die Tür öffnen. Er legt sich auf ein rostiges altes Bett. Ich gehe wieder ins Zelt. An schlafen ist nicht zu denken. Der Wind pfeift unerbittlich übers Plateau. Unser Zelt verbiegt sich bedenklich. 4:00 Uhr früh versuche ich ein Foto vom Zelt zu schießen. Dabei werde ich fast weggeblasen. Früh morgens weckt uns ein "Buenas Dias". Es muss so gegen 6:00 Uhr sein. Da meine Uhr gestern stehen geblieben ist, leben wir nach eigener Zeitrechnung. Es weht immer noch eine steife Brise während wir packen und frühstücken. Feiner Staub liegt überall im Zelt, wie nach einem Sandsturm. Unser nächtlicher Überraschungsgast bringt uns noch zum Abzweig und gibt uns eine Adresse für Chuao. Schon nach kurzer Zeit taucht der schmale Pfad tatsächlich in den Nebelwald ein. Nach baum- und buschlosem Grasland umgibt uns plötzlich das üppige Grün tropischen Regenwaldes. Die ersten paar Meter versperrt ab und an garstiges Bambusgeflecht mit seinen biestigen Stacheln den Weg, dann werden die Bäume größer. In der Ferne hört man das Gebrüll von Affen. Im Gegensatz zu der leider toten Schlange gestern auf dem Weg, lebt die heute noch und stellt sich nur tot. An einer grasgrünen Minilagune legen wir eine Rast ein. Wildschweine haben den gesamten Boden komplett umgegraben. Unbemerkt überqueren wir die Passhöhe von 1950m. Irgendwann ging es einfach stetig bergab. Je tiefer wir kommen, desto häufiger queren wir kleine und größere Wasserläufe. Neben unzähligen kleinen Insekten tummelt sich dort auch der große blaue Morphofalter. Sogar an zwei richtigen Boofen, wie in Sachsen, kommen wir vorbei. Doch unser heutiges Etappenziel heißt El Paraiso. Wir wissen nicht genau, ob es sich um ein Dorf oder nur eine Hütte handelt. Auf alle Fälle wohnt dort wer. Aber der Weg zieht sich immer weiter durch den Urwald, keine Chance, einen Blick ins Tal zu werfen. Endlich treffen wir auf mehrere kleine Bananenpflanzungen. Es riecht nach Rauch. Plötzlich stehen wir vor der ersten Hütte. Dahinter tauchen immer mehr Lehmhütten auf. Durch lautes in die Hände Klatschen machen wir uns bemerkbar, aber alle Hütten sind verschlossen und leer. Weiter unten bewegt sich etwas. Ein betagter Senior ließt Kaffeebohnen aus. Wir fragen ihn nach der Wasserstelle und einem Platz für unser Zelt. Ziemlich dumm gucken wir aus der Wäsche, als er auf die offene Hütte hinter uns weist: Es ist die Kirche. Da die Bewohner von afrikanischen Sklaven abstammen, stehen auch drei riesige Bongos neben dem Altar. Er meint es ernst, also stellen wir unser Zelt direkt vor dem Altar auf. Der alte Mann ist zur Zeit ganz allein hier oben mit drei Hunden und einem Esel. Als wir ihn zum Tee einladen wollen, lehnt er lachend ab und bringt uns seinen eigenen Kaffee, stark und sehr süß. Während Torte mit ihm eine Vogelscheuche für den Mangobaum konstruiert, koche ich unser Abendsüppchen. Natürlich laden wir unseren Gastgeber ein und bekommen einen Schnellehrgang in Sachen Kaffeeanbau und -ernte. Wir schlafen diese Nacht sehr ruhig. Liegt wohl an den heiligen Hallen! Am Morgen bekommen wir zum Abschied noch drei Kilo Kaffeebohnen geschenkt, roh. Unsere freundliche Herbergsmutter in Chuao lässt sie später für uns rösten und mahlen. Wir steigen in der Morgensonne weiter ab. Der Nebelwald ist inzwischen einem Mix aus Büschen, kleineren Bäumen und Kakteen gewichen. Der Boden ist total ausgetrocknet. Plötzlich, am Fluss im Talgrund fühlen wir uns wie im Paradies. Unter hohen Bäumen mit riesigen Kronen wachsen Bananen- und Kakao. Im Schatten uralter großer Bäume erreichen wir auf einer Art Allee nach einer halben Stunde Chuao. Die einzige Straße führt die 4 Kilometer bis zum Strand. Dann ist Schluss. Zur Küste hin wachsen nur noch Kokospalmen. Sie säumen einen weißen Sandstrand mit rauschenden Wellen. Wir sind in der Karibik!

31.01.-02.02.04 Salto Angel Canaima

 

Mit zwei Italienern sitzen wir in einem uralt- Dodge. Zweieinhalb Stunden soll die Fahrt nach La Paragua dauern. Aber schon nach einer halben Stunde ist erst mal Schluss: Die Lenkung unseres "Wagens" ist hinüber. Der Dodge schlingert von links nach rechts. Im Schneckentempo fahren wir zurück zum Flughafen nach Ciudad Bolivar. Eigentlich hätten wir auch von hier aus nach Canaima fliegen können. Aber so ist es halt, wenn man auf Geld achten muss. Mit einer Stunde Verspätung starten wir aufs Neue. Diesmal komfortabler, in einem Jeep mit Klimaanlage. Der Flughafen in La Paragua ist aus der Sicht eines Europäers einfach "Scheiße". Ein paar Mechaniker werkeln an rostigen Doppeldeckermaschinen herum. Die Toilette ist die Müllhalde entlang der Landepiste. Beim Anblick der gesamten Anlage schießt einem das Adrenalin in den Körper! Unsere Fünfsitzer Chessna ist zumindest neu angestrichen.

Der 20-minuetige Flug ist ein Erlebnis für sich. Alle vier sind wir sichtlich erleichtert, als die Maschine sicher in Canaima landet. Kurze Zeit später sitzen wir schon im Boot. Die Landschaft ist einfach grandios! Mit einem großen langgestrecktem "Curiaras," (großer Einbaum mit Motor) geht es zunächst vor der überwältigenden Kulisse der Tafelberglandschaft den Rio Carrao hinauf. An die Einmündung des Rio Churun gelangen wir nach vier Stunden fahrt. Von unserem Hängemattencamp haben wir einen genialen Blick auf den Auyan-Tepui. Seine Oberfläche ist sagenhafte 700 Quadratkilometer groß. Der imposante Pfaffenstein in der sächsischen Schweiz wirkt im Vergleich geradezu lächerlich. Die Steilwände des Tepuis sind zumeist 1000 Meter hoch! Am nächsten Tag liegen 4-5 Stunden im Boot vor uns. Die Fahrt wird zum Abenteuer! Mehr als 20mal müssen wir unser Gefährt durch Stromschnellen hinaufschieben. Der Rio Churun führt im Moment Niedrigwasser. Es ist halt Trockenzeit. So bleibt uns kaum Zeit alles zu bewundern. Dichter Regenwald steht bis an das Ufer des colafarbenen Schwarzwasserflusses. Irgendwann kommt der knapp 1000 Meter hohe Wasserfall ins Blickfeld. Schon von weitem wird uns klar, dass der Salto Angel eines von den Naturwundern ist, welches man gesehen haben sollte! Eine Stunde laufen wir noch zum Fuße des Wasserfalls. Dort gibt es sogar ein natürliches Schwimmbecken.


Wir genießen, genießen, genießen........... Der Anblick ist unglaublich, nicht mit Worten zu beschreiben!


Einen Tag später, mittags um 12:00 Uhr, sitzen wir wieder im Kleinflugzeug. Ilka darf den Copiloten spielen und sogar das Steuer halten! Dem Holländer neben mir gefällt das überhaupt nicht, "Nicht anfassen, nicht anfassen!", ruft er aufgeregt. Ilka nimmt doch lieber die Hände von der "Lenkung". Besser iss, denke auch ich. Am Abend sitzen wir schon wieder im Bus nach Santa Elena. Wir sind uns einig. Einen der Tafelberge müssen wir uns "erlaufen". Der Roraima an der brasilianischen Grenze, ganz im Süden Venezuelas, bietet hierzu die beste Möglichkeit. Mit einem Pemonindianer ist diese Tour zum Gipfel des 2810 Meter hohen Tepuis möglich.

Am 05.02.03 geht's los.

 

05.02.04 bis 10.02.04 Roraima

 

Wir können uns dem Mythos des Roraimas genauso wenig entziehen, wie alle anderen Besucher dieses 40 Quadratkilometer großen Tepuis. Wie Inseln ragen mehr als 100 dieser gigantischen Riesen in den Himmel. Der Roraima ist einer der wenigen Tafelberge die man ohne "große Mühe" erklimmen kann. In Santa Elena, einer kleinen Stadt nur 15 Kilometer von der brasilianischen Grenze entfernt, ist es nicht schwer eine Tour zum Roraima zu buchen. Diese Touren enthalten die kompl. Verpflegung, die Transfers mit dem Jeep, den Guide und meistens auch einen oder zwei Träger. Wir organisieren lieber alles selbst. Rechino, ein Nachfahre der Pemonindianer, wird uns begleiten. Die ersten beiden Tage laufen wir durch endlose Savannenlandschaft. Der Boden ist hart wie Beton. Ilkas Achillessehnenbeschwerden werden dadurch auch nicht besser. Zur Belohnung gibt es am Abend schöne klare Flüsse zum baden. Am dritten Tag beginnt der Aufstieg. Die Wände des Roraimas ragen 800 bis 1000 Meter senkrecht nach oben. An nur einer Stelle ist es möglich das Plateau zu erklimmen. Diese Stelle wird als "La Rampa" bezeichnet. Der Pfad ist nicht besonders schwierig, dafür umso mehr ein Weg zum Genießen. Die erste Stunde geht es durch knorrigen Wald, der später in der feuchten Nebelzone immer üppiger wird. Sattes, feuchtes Grün. Es dampft! Einige Aussichtspunkte bieten spektakuläre Blicke nach unten und nach oben zur Steilwand. 800 Höhenmeter liegen noch vor uns. Über feuchtes Gestein laufen wir bis zu einem Wasserfall. Bei einer Höhe von 500 Metern kommt das Wasser bei uns nur noch in Myrirden von feinen zerstäubten Tropfen an. Regenbögen bilden sich. Der Himmel ist tiefblau... Das zerklüftete Plateau erinnert an eine Mondlandschaft. Zumindest stelle ich sie mir so vor. Schwarzes Gestein, viele Tümpel umgeben von derber Vegetation. Einen Platz für unser Zelt zu finden ist nicht einfach. Wirklich ebene trockene Flächen gibt es kaum. Rechino zeigt uns den wohl besten Platz des Tafelberges. Eine Art "Boofe", die hier "Hotel de Indio" heißt. Wie in einem Adlernest sitzen wir beim kochen zusammen. Wir genießen das traumhafte Wetter, baden am Abend in einem der natürlichen Bassins und laufen zu verschiedenen Aussichtspunkten. Hier oben auf dem Plateau verläuft die Grenze zu franz. Guyana, zu Brasilien und zu Venezuela. Auf der Guyanaseite blicken wir auf endlosen Urwald. Auf dem Bauch liegend schieben wir uns ganz nah an die 900 Meter Wand heran. Ein irres Gefühl. Heute am 08.02.04 ist das Wetter "normal". Der gesamte Tafelberg ist in Wolken gehüllt. Regen, Sonne und Nebel wechseln sich ab. Die entstehenden und verschwindenden Felsformationen sind realitätsfremd. Der Urknall ist gerade erst geschehen.

 

Wilderer, Goldsucher, Yanomami, Wir, das Militär und andere Konsorten

 

Unser Ausgangspunkt San Fernando de Atapapo am Orinoko ist laut Reiseführer "der Rand der zivilisierten Welt" und nicht nur wegen der Grenznähe zu Kolumbien sehr gefährlich(schreibt man). Doch während der letzten 20 Tage haben wir eine ganz andere Erkenntnis gewonnen. Der vor Jahren von Ilka geprägte Satz "Wo wir sind gibt es Katastrophen" hat hier absolut nichts mit uns zu tun. Es geschieht täglich in Amazonien, auch ohne unsere Anwesenheit! Goldsucher zerstören rücksichtslos ihre Umwelt, Wilderer schießen die letzten Jaguare, erlegen Riesenschildkröten! Das Militär ist teilweise korrupt bis zum geht nicht mehr. Mafiaähnliche Zustände! Der Lebensraum der Yanomami existiert in vielen Gebieten bald bloß noch auf dem Papier!


Doch erstmal zum Positiven. Wir haben es tatsächlich geschafft, uns einen Teil unseres Traums zu erfüllen! 800 Kilometer auf dem "Transportboot" einer einheimischen Familie. Davon 320 Kilometer den kompletten Rio Casiquare(einmaliges Naturphänomen), der die beiden größten Fluss-Systeme Südamerikas, den Amazonas und den Orinoco miteinander verbindet. Hier dürfte sich, seit Humboldt den Fluss vor 200 Jahren befahren hat, nicht viel verändert haben. Hier oben gibt es noch das intakte Ökosystem mit seiner Artenvielfalt und den Yanomami- Indianern.


Gleich bei unserer Ankunft in Atabapo finden wir nach viel Fragerei das einzige Boot, welches zurzeit zum Rio negro will. Eigentlich sind es zwei: das Bongo der Familie Garcia und ein etwas größeres Bongo für die eingekauften Waren. Don Garcia, der Kapitän, ist um die fünfzig und wird von seiner Mutter(!), 2 Söhnen, einer Schwester und 3 Helfern begleitet. Also reisen wir mit einem Familienunternehmen. Gekocht und geschlafen wird auf dem Boot. Tagsüber bindet man die Hängematten einfach hoch. Wir ziehen sofort ein. Alles sah gut aus, wenn man nicht unbedingt Benzin für den Motor bräuchte und davon noch ziemlich viel! Am Ende werden es 5 Tage sein, die wir noch warten müssen. Erst auf eine Genehmigung zum Benzinkauf überhaupt, dann auf ein Zettelchen mit der Uhrzeit für den Benzinkauf, dann auf das Tankschiff (inzwischen war der Benzin alle) und schließlich auf die Mitarbeiter der Tankstelle und das Militär, was alles kontrolliert. Für das alles stellt sich unser Kapitän jeden morgen mehrere Stunden an, still, ohne zu murren. Uns fällt das Verständnis mit jedem Tag schwerer. Wegen der Trockenzeit war das Tankschiff wohl das letzte, was bis Mai hier durchkommt. Also Glück gehabt. Einen weiteren Höhepunkt erreicht der bürokratische Irrsinn zwei Tage nach Start am ersten Armeecheckpoint in St. Barbara. Im 2cm hohen Zettelstapel des Kapitäns fehlt ein Papier mit der Extragenehmigung des Transportes von Alkohol( 5 Paletten light Bier). In all den Jahren hat man das Papier noch nie gebraucht. Es ist offensichtlich, was hier passiert, doch statt auf das Spiel einzugehen, fährt der Kapitän mit einem kleinen Boot zurück. Zwei Tage warten wir auf seine Rückkehr. Ergebnis der Reise: Der Kommandant von Atabapo hat per Funk durchgegeben, dass ein solches Papier unnötig ist. Spätestens jetzt dürfte man doch mal ausrasten! Für eine Kiste Bier hätte man uns gleich weiterfahren lassen. Im Gegenteil zu allen Infos der offiziellen Stellen und Touriagenturen haben wir nie ein Problem, unser Pass reicht als Reiseerlaubnis vollkommen, von wegen teueren Permits und so... Auch sonst waren wir mehr als nah dran am Leben der Flusshändler. Kurz vor Sonnenuntergang sucht man einen Platz zum Anlegen, entweder in einem Ort zum Ware tauschen oder im Irgendwo. Die Plätze im Irgendwo waren meistens Handtuch-grosse Steininseln oder Sandbänke mitten im Fluss, ohne Stein oder Busch zum dahinter verstecken. Da hat man also bis zu 10 Stunden als Mädel im Boot gesessen und statt einer Chance auf Erleichterung bleibt entweder ein unauffälliges Bad im Fluss oder das Warten auf die Dunkelheit. Irgendwann habe ich gemerkt, dass Oma und Schwester an Bord einen Nachttopf benutzen während der Fahrt! Früh bestand dann auch die Kunst darin möglichst den ersten Toilettengang noch vor Sonnenaufgang hinter sich zu bringen. Wenn man nicht schon wieder baden wollte, baden natürlich nicht nackt oder nur in Unterwäsche! Männer haben's da leicht: Erst plätschert es im Dunkeln rund rum über die Reling, dann schöpft man früh das Kaffeewasser. Unsere Mägen sind! hart im Nehmen, auch ohne Wasserfilter hatten wir zum Glück nie Magenprobleme. Keine Ahnung, wie wir das dann unterwegs gelöst hätten, wohl mit dem Nachttopp der Oma. Zum täglichen Leben gehört natürlich das Essen. Bananen gab's frittiert zum Frühstück, gekocht in der Suppe oder roh fast immer. Verkochter Reis (oder Nudeln) machen Fischsuppen nahrhaft. Verhungert wäre wirklich nie jemand. Als gute Hausfrau kann ich jetzt die typischen Arepas( frittierte Maiskuchen) backen, habe gelernt wie man frischgeschossene Dschungelhühner rupft, Hühnerfüße ( nicht Schenkel - Füße!!) für einen Eintopf häutet, Lappas und Wasserschweine zubereitet u.v.m. Das einzige Mal würgen musste ich, als plötzlich Schildkröte zuzubereiten war. Aber die Geschichte dauert länger... Wirklich furchtbar war der Tag an dem einer der Männer nachts einen Jaguar angeschossen hatte. Wir haben immer noch gehofft, uns verhört zu haben... Aber dann schleifen sie wirklich einen großen männlichen Jaguar ans Ufer. Zum ersten Mal war es wirklich schwer, die Beherrschung nicht zu verlieren. Mit Tränen in den Augen musste ich mich erstmal setzen. Es war zu spät, dass Tier war tot, tot wegen der Zähne und dem Fell. Das Fleisch würde nie jemand essen. Wir haben vorsichtig versucht ihnen klar zu machen, warum es falsch ist. Als Torte später beim Fell abziehen hilft, merkt er, dass man die Arbeitsschritte genau kennt... Es gehört zu ihrem Leben. Aber dann gab es viele viele schöne Momente z. B. das erste Yanomamiedorf, als uns das gesamte Dorf während er Tauschgeschäfte umringt hatte. Eine Frau hat Torte unter großem Gejohle über den Schamanen mitteilen lassen, dass sie ihn heiraten will. Da sogar ich mehr Zähne hatte als sie ist er bei mir geblieben! Dann all die vielen kleinen Dinge, wie das nächtliche Jagen:


Tagebuchauszug 25.02.2004 Gegen 18:00 Uhr legen wir an einer der riesigen Sandbänke an. Ich frage Frederico ob ich heute Nacht mit ihm Fischen gehen darf und deute dabei auf meine selbst gebastelte Angel. "Klar, warum nicht.", gibt er mir zu verstehen. 22:00 Uhr legen wir mit dem Einbaum ab. Der Rest unserer Bongobesatzung kann sich ein Lästern nicht verkneifen. Ein Deutscher zum ersten Mal im Einbaum, das kann gar nicht gut gehen. Höchstens zehn Meter geben sie uns, dann kentert unser Boot sowieso. Frederico sitzt vorn, ich hinten. Meine Sitzhaltung erinnert mich an die Toiletten in Indien. Weil ich so tief sitze, habe ich den Kopf fast zwischen den Knien. Und trotzdem, es funktioniert! Lautlos gleiten wir über das Wasser, bis zu einem kleinen Seitenarm. Schon nach 50 Metern liegt links am Ufer der erste Kaiman! Seine Augen leuchten feuerrot im Schein der Taschenlampe. Wir steuern direkt auf ihn zu. "Wo ein Kaiman am Ufer lauert sind große Fische nicht weit". Wieder so ne Indioweisheit! Kurz! vor knapp taucht das leuchtende Augenpaar unter. Ganz wohl ist mir immer noch nicht. Mit der Lampe leuchte ich rund um unseren Einbaum. Das Wasser ist spiegelglatt. Unser Boot liegt derart tief, dass bei der kleinsten Unachtsamkeit Wasser herein schwappt. Langsam steuern wir weiter ins Flache. Es wimmelt nur so von Fischen! Sobald wir einen im Lichtkegel haben, sticht Frederico mit dem dreizackigen Speer zu. Die Methode ist sehr effektiv. Meine Angel werde ich wohl doch nicht brauchen. Stück für Stück suchen wir das Wasser ab, schieben uns durch umgestürzte Bäume und über Untiefen hinweg. Plötzlich hören wir ein pfeifen! Es muss ein Tapir sein. Frederico meint, dass "richtiges Fleisch" auch nicht schlecht wäre. Ich frage mich ob er den Tapfer mit dem Speer erlegen will. Erst jetzt entdecke ich vorn im Einbaum das Gewehr! Auch nicht schlecht! Doch der Tapir hat Glück. Er lässt sich nicht durch unsere Pfiffe anlocken. Also fischen wir weiter. Weiter vorn sehen wir wieder Augenpaare von mehreren Kaimanen. Eine Horde Affen tobt aufgeschreckt über uns in den Bäumen. Ein Stachelrochen gleitet lautlos durch das Wasser. Wir sollten beim Baden wirklich darauf achten, unsere Sandalen anzuziehen. Tausende Insekten umschwirren meine Stirnlampe... 01:00 Uhr sind wir mit einem Boot voller Fische wieder an unserer Sandbank. Die anderen schlafen schon. Bei einer Gutenachtzigarette erzähle ich Ilka aufgeregt, was in den letzten drei Stunden passiert ist. Langsam weicht die Anspannung von mir. Eigentlich wollte ich einfach nur ein bisschen angeln gehen...!


Alles andere erzählen wir zu den Bildern im neuen Diavortrag "Regenzeit-Geschichten vom (Über)leben in Südamerika, Sachsen und Asien" und diesmal mit dem Zeigefingererhobenem Ernst selbsternannter Weltverbesser!! Torte und Ilka!

 

14.03.-26.03.2004 Kolumbien

 

Kolumbien - lange haben wir schon beim Flugreservieren über "Für" und "Wider" diskutiert, unseren Müttern hätten wir lieber gar nichts davon sagen sollen und der typische Venezuelaner hält sowieso nichts vom Reisen im Nachbarland. Jetzt sind wir hier, wenn auch am völlig anderen Ende als geplant. 23 Stunden sind wir mehr oder weniger direkt mit dem Bus von Merida über Maracaibo, dann über die Grenze nach Kolumbien nach Cartagena gefahren. Für mich war es der finsterste Grenzübertritt überhaupt. ( Ilka behauptet, es habe schon schlimmer ausgesehen.) Auf venezuelanischer und kolumbianischer Seite übelste Ortschaften..... auf der gesamten Strecke sind wir insgesamt vierzehn Mal von Polizei oder Militär kontrolliert worden. Mal ganz lasch und auch schon mal richtig mit Händen hoch und gespreizten Beinen am Bus stehend. Insgesamt trotzdem halb so schlimm. Jetzt sind wir jedenfalls in Cartagena. Die Stadt ist schöner als alles, was wir in Venezuela an Städten gesehen haben! , bunte Märkte, fast wie in Bolivien. Selbst unsere Unterkunft ist ein chaotisches Kleinod mitten in der Altstadt. Kolumbien scheint im Moment das Zeug für ein neues Lieblingsreiseland zu haben.


Unser größtes Problem ist der fehlende Reiseführer. Das wirklich gute Buch von Hella Braune und Frank Semper aus der Reihe "Nah dran" habe ich auf irgendeiner Toilette in Venezuela liegenlassen. Peinlich! Inzwischen haben wir ein paar Kopien aus dem Lonley Planet auftreiben können. Allerdings folgt seiner Hauptroute fast jeder und er enthält mehr Warnungen als alles andere. Deshalb beschränken wir uns fürs erste auf den Norden. Cartagena ist der beste nur mögliche Ausgangspunkt. Die Altstadt ist wirklich einmalig. Wunderschön restaurierte Häuser, Kirchen und Plätze, so wie sonst nirgendwo in Südamerika. An allen Ecken atmet man Geschichte. Der Vorgelagerte Nationalpark "Isla Rosario" scheint das Karibikparadies in Vollendung, Inseln und Inselchen, dazwischen Korallenriffe. Drei Tage lassen wir uns das türkisfarbene Wasser um die Beine spülen. Wir schlafen im Zelt, nur 100 Meter vom Strand entfernt. Taucher und Schnorchler kommen hier voll auf ihre Kosten. Oberflächlich betrachtet spielt sich das Leben der Rucksackreisenden in circa zehn Städten ab: Medellin, Cali, Cartagena, Bogota, Santa Marta oder San Augustin, um nur einige zu nennen. In diesen Städten gibt es zwei, drei Unterkünfte, in denen sich dann alles trifft. Auf Dauer ist das ganz schön anstrengend. Leute, die wirklich abseits dieser Hauptrouten unterwegs waren, haben wir noch nicht getroffen. Also gab's bisher noch keine Informationen über das uns am meisten interessierende Amazonasgebiet. Wundern tut's mich eigentlich nicht. Das, was wir lesen oder jeden Abend von den anderen hören, klingt stellenweise haarsträubend. Diebstähle sind da noch das geringste Problem. Kolumbien ist einfach ein Land der extremsten Widersprüche. Absoluter Reichtum - bitterste Armut! Die Menschen sind zurückhaltend wie die Indigenas in Bolivien oder aufdringlich wie die Marktschreier in Indien. Es ist schwierig, Vertrauen zu den Leuten aufzubauen und erst recht nicht, einfach unseren gewohnten Reisestil beizubehalten. Wir sind uns jedenfalls einig: Zwei Wochen zum Eingewöhnen in Cartagna und Bogata sind nicht der schlechteste Anfang für Kolumbien und zum letzten Mal waren wir sowieso nicht hier!

Reiseroute

Venezuela, Kolumbien - Venezuela Brasilien Kolumbien Caracas, Merida - Traversia, Puerto Ayacucho, Maracai NP Henri Pettier, Canaima - Salto Angel, Roraima - Trek, Humboltroute: Orinoco-Rio Casiquare-Rio Negro, Los Llanos, Merida, Maracaibo, Cartagena, NP Isla Rosario, Bogota